Ruhe – Voraussetzung für ein gesundes Leben
„Die größte Offenbarung ist die Stille“, so sind die Worte des chinesische Philosoph Laotse überliefert. Wie schön und entlastend Stille sein kann, merken wir oft erst, wenn sie einmal da ist. Wenn der Nachbar aufhört den Rasen zu mähen oder die Kinder endlich im Bett liegen. Stille ist eine Grundvoraussetzung für ein gesundes Leben. Denn Erholung, gesunder Schlaf, innere Einkehr und Meditation sind ohne die nötige Ruhe unmöglich.
In unserer heutigen Welt ist es leider viel zu selten wirklich still. Ständig drängen von überall Geräusche und Lärm auf uns ein. Meistens nehmen wir gar nicht wahr, wie hoch der Geräuschpegel um uns herum ist. Grund genug, sich einmal bewusst mit der Stille auseinanderzusetzen. In diesem Artikel erkunden wir, welche Wirkung Stille auf uns Menschen hat und warum sie in der Meditation eine so große Rolle spielt. Wo ist der Unterschied zwischen innerer und äußerer Stille und wie können wir beides sinnvoll miteinander verknüpfen?
Bei Lärm schlägt das Gehirn Alarm
Ein Knacken im Gebüsch. Ein unerwartetes Poltern. Vielleicht ein möglicher Angreifer? Unbekannte oder unangenehme Geräusche versetzen unser Gehirn sofort in Alarmbereitschaft, selbst wenn wir objektiv einschätzen können, dass eine Situation eigentlich nicht bedrohlich ist. Unsere Instinkte bereiten uns dennoch auf eine mögliche Gefahrensituation vor. Die Stressreaktion unseres Körpers wird in Gang gesetzt. Wir werden kurzzeitig leistungsfähiger und wachsamer.
Dieser Mechanismus ist selbst dann aktiv, wenn wir schlafen. Unser Gehirn scannt die Umgebungsgeräusche ununterbrochen auf mögliche Gefahren. Ist es nachts zu laut, raubt uns das schnell den Schlaf. Wir können nicht einschlafen oder schlafen weniger erholsam. [1]
Lärmverschmutzung – Wo finden wir noch Stille?
Unser modernes Leben wird eigentlich ständig von einer großen Geräuschkulisse begleitet. Schließe einfach mal kurz die Augen, da wo du gerade bist – und lausche auf die Umgebungsgeräusche. Der Lärm der Straße, ein Radio im Hintergrund, Baulärm, Kinderlärm oder das Smartphone in deiner Tasche, das summend Aufmerksamkeit einfordert. Richtig still ist es selten. Ein dauerhaft hoher Lärmpegel bedeutet auch dauerhaft viel Stress und kann richtig krank machen. Nicht ohne Grund sieht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Belastung durch unterschiedliche Lärmquellen eine der großen Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts.[2]
Man könnte fast meinen, die Stille wäre uns in unserer schnelllebigen Welt verloren gegangen. Viele Menschen suchen deshalb gezielt nach einer Auszeit von all dem Lärm. Ein Ausflug in die Natur kann beispielsweise Wunder wirken. Auch Klöster bieten oft Tage der Stille an und Menschen nehmen weite Fahrten auf sich, um dort Erholung zu finden. Aber auch zu Hause können wir die Stille für uns kultivieren. Zum Beispiel durch stille Meditation.
Stille – Eine Verjüngungskur für das Gehirn?
Die Auswirkungen von Stille sind noch nicht lange Gegenstand der Forschung. Erste wissenschaftliche Erkenntnisse lassen jedoch vermuten, welche positiven Effekte Phasen der akustischen Ruhe auf uns haben können. So hat im Jahr 2015 eine Gruppe von Wissenschaftlern den Effekt unterschiedlicher Geräusche auf Mäuse untersucht. Jeweils zehn Mäuse wurden für zwei Stunden mit einer von fünf Geräuschkulissen konfrontiert. Die Forscher untersuchten den Effekt von Rauschen, Jungtierrufen, Klaviermusik, Stille und von normalen Laborgeräuschen.
Bei allen Mäusen, außer jenen, die dem Rauschen ausgesetzt waren, konnte in den ersten 24 Stunden eine vermehrte Produktion von unreifen Nervenzellen im Gehirn festgestellt werden. Unreife Nervenzellen werden benötigt, um mental auf neue Umgebungsreize reagieren zu können. Nach einer Woche war der beobachtete Effekt nur noch bei den Mäusen festzustellen, die jeden Tag zwei Stunden in Stille verbachten. Die Forscher vermuten also, dass in Phasen der Stille eine größere Anzahl an neuen Nervenzellen entsteht, was sich positiv auf unsere geistige Aufnahmefähigkeit auswirkt. Das Experiment wurde zwar nur an Mäusen durchgeführt, die Ergebnisse lassen sich aber wahrscheinlich auch auf den Menschen übertragen. [3]
Ruhe und Erholung in der Natur
Evolutionär entwickelt haben sich Menschen im Gleichklang mit der Natur. Die friedlichen Hintergrundgeräusche, die wir bei einem Spaziergang in einem lichten Sommerwald oder auf einer grünen Frühlingswiese hören, stören die Ruhe nicht, die wir an solchen Orten empfinden. Man könnte sagen, dass natürliche Geräusche wie Vogelgesang oder das Prasseln von Regentropfen zum Klang der Stille gehören. Heute erfreuen sich eben diese Natursounds auf YouTube, Spotify und Co. als Mittel zu Entspannung großer Beliebtheit. Solche natürlichen Hintergrundklänge werden von unserem Alarmsystem nicht als Gefahr eingestuft. Wir können uns der Stille hingeben und entspannen.
Dass der Aufenthalt in der Natur einen Erholungseffekt hat, kannst du sicher aus eigener Erfahrung bestätigen. Wissenschaftliche Erkenntnisse lassen sogar vermuten, dass ein Ausflug in die Natur zumindest kurzzeitig unsere Gedächtnisfunktion stärkt. Es ist also ein ähnlicher Effekt wie bei dem Mäuseexperiment im vorherigen Abschnitt zu beobachten. Die wissenschaftliche Erklärung: Prasseln zu viele Reize auf uns ein, ist unsere geistige Kapazität irgendwann erschöpft. In einer reizarmen Umwelt, die wenig Ablenkungen enthält, können sich diese Ressourcen wieder aufladen. Ein Aufenthalt in der Natur erfüllt diese Voraussetzungen. [4]
Stille Meditation als Gegenpol
Traditionelle Formen der Meditation befassen sich viel mit Stille und ihrer Auswirkung auf uns Menschen. Beim Meditieren können wir zwei Arten von Stille erleben. Äußere Stille und innere Stille. Die äußere Stille ist das uns umgebende. Die Natur, mit ihrem eigenen Klang. Mit all jenen Geräuschen, die unser Gehirn nicht als gefährlich, sondern entspannend einstuft und bei denen unser Alarmsystem nicht aktiviert wird.
Die äußere Stille ermöglicht uns den Blick nach innen. In unserer Gedanken- und Gefühlswelt ist oft ebenso viel los wie in einer belebten Großstadt. Meditation hilft uns allmählich, den inneren Lärm verstummen zu lassen und unsere Gedanken und Gefühle zu ordnen. Wir gelangen zu einer friedlichen inneren Stille. Aus der Meditation heraus übertragen wir den ruhigen meditativen Geist auf andere Bereiche unseres Lebens. Mit einer solchen Geisteshaltung können wir allen Herausforderungen besser begegnen und sind nicht so leicht aus der Bahn zu werfen. Man spricht von einer achtsamen Lebensführung. [5]
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Die Mischung machts – Stille intensiver erleben
Musik und Stille
Wie wir in diesem Artikel bereits erfahren haben, machen Phasen der Stille unser Gehirn wieder aufnahmefähiger für neue Reize. Der Effekt ist aber nicht einseitig, wie italienische Forscher beobachten konnten. Eigentlich wollten sie den Effekt unterschiedlicher Musikstücke auf das Herzkreislaufsystem, also auf Atmung, Blutdruck und Herzschlag untersuchen. In jedes Musikstück bauten sie eine zweiminütige Phase der Stille ein, um den Effekt der musikalischen Reize gegen eine reizarme Situation zu testen. In den Phasen, in denen die Musikstücke pausiert wurden, zeigten die Probanden eine deutliche Absenkung von Atemfrequenz, Herzschlag und Blutdruck. Sie entspannten sich also.
Überraschend war, dass der Entspannungseffekt sogar deutlich größer war als bei Messungen zu Beginn des Experiments, die vor dem ersten Musikstück zur Kontrolle durchgeführt worden waren. Die Musik hatte also einen verstärkenden Effekt auf die entspannende Wirkung der Stille. Die Ursache dieses Phänomens liegt in der Funktionsweise der Nervenzellen im Gehirn, die akustische Reize verarbeiten. Besteht ein kontinuierlicher akustischer Reiz, fahren die verarbeitenden Nervenzellen langsam zurück. Wir nehmen den Reiz mit der Zeit weniger intensiv wahr. [6]
Einsatz in der Medizin
Dieser Effekt ist beispielsweise auch dafür verantwortlich, dass manche Menschen bei laufendem Fernseher schlafen können. Die Geräusche des Fernsehers werden nicht mehr als akut bedrohlich wahrgenommen. Gleichzeitig hat die Geräuschkulisse aber noch eine andere Wirkung. Sie übertönt Geräusche, die wir sonst als Gefahr wahrnehmen würden. Einer der Gründe, warum Musik vielen Menschen beim Einschlafen hilft.
In der Medizin wird die Übertönung störender Geräusche zum Beispiel bei der Behandlung eines Tinnitus eingesetzt. Somit ist der störende Tinnitus für Patienten nicht mehr direkt wahrnehmbar. [7]