Vom Klang zur Emotion – Warum Musik uns bewegt Geigen Musiker:innen

Vom Klang zur Emotion – Warum Musik uns bewegt

Musik und ihr Einfluss auf unsere Emotionen

Musik beeinflusst unsere Emotionen auf vielfältige und faszinierende Art und Weise. Wie leer und stimmungslos würden sich eine Party, ein Kinobesuch oder eine Trauerfeier ohne musikalische Begleitung anfühlen? Musik macht uns glücklich und rührt uns zu Tränen, wir verspüren Lust uns zu bewegen oder werden müde.

Studien zeigen, dass Menschen, die zuvor fröhliche Musik gehört haben, deutlich zuversichtlicher sind, was ihre Chancen betrifft, im Lotto zu gewinnen. Selbst die Art, wie wir Farben wahrnehmen, kann Musik beeinflussen. Hören wir fröhliche Songs, nehmen wir Farben heller wahr. Es lohnt sich also den Einfluss von Klang und Musik auf uns Menschen und unsere Emotionen genauer zu beleuchten.

Wie entwickelte sich unser Verständnis für Musik?

Evolutionsbiologen glauben, dass sich unsere Fähigkeit Musik als solche wahrzunehmen und zu verarbeiten wahrscheinlich zufällig entwickelt hat. All jene Strukturen in unserem Gehirn, die wir zum Verarbeiten und Interpretieren musikalischer Informationen benötigen, entstanden vermutlich als Nebenprodukt unserer Sprachentwicklung und Kommunikation. Diese wurden im Laufe der menschlichen Entstehungsgeschichte zunehmend komplexer.

Musik wurde schnell selbst zu einer Form des kreativen Ausdrucks und der sozialen Interaktion in allen menschlichen Gemeinschaften. Das gemeinsame rhythmische Bewegen zur Musik stärkt das Wir-Gefühl und den Zusammenhalt. [1]

Das Gehirn – Schaltstelle für Wahrnehmung und Emotionen

Neuronen in unserem Gehirn

Unser Gehirn ist die zentrale Schaltstelle unserer Existenz. Etwa 100 Milliarden Nervenzellen erzeugen all unsere Gedanken, Gefühle, Hoffnungen und Begierden in Form elektrochemischer Signale. Von hier aus wird ein Großteil unseres Organismus gesteuert. Emotionen spielen in der Reaktion auf Umwelteinflüsse eine wichtige Rolle.

Nach der Quartett-Theorie besitzt unser Gehirn vier Teilbereiche, die gemeinsam für die Entstehung unserer Emotionen verantwortlich sind. In jedem dieser Bereiche wird auch musikalische Information verarbeitet. Es entsteht der Klang, so wie wir ihn wahrnehmen und die Emotionen, die wir mit einem Ton oder einem Musikstück verbinden. Über Nervenbahnen gelangen die Signale der auditorisch-emotionalen Verarbeitungswege in unseren gesamten Körper. So kann Musik beispielsweise auch Einfluss auf Muskulatur oder Verdauung nehmen. [2]

Wo lauert Gefahr? – unser Gehörsinn passt auf

Eine der ursprünglichsten Funktionen des Gehörsinns ist die Warnung vor Gefahr. War es früher vielleicht ein Tiger, der sich durch ein Knacken im Gebüsch verriet, so stellt heute ein Auto im Straßenverkehr die größere Bedrohung dar.

Hören wir ein verdächtiges Geräusch, so versuchen die dafür zuständigen Bereiche im Gehirn sofort herauszufinden, ob und woher eine Gefahr drohen könnte. Das Geräusch wird auf Basis unserer Erfahrungen, aber auch unserer angeborenen Instinkte in Sekundenbruchteilen eingeordnet. Wird das Geräusch als Gefahr interpretiert, wird die Stressreaktion in Gang gesetzt. Unser Körper stellt sich auf Leistungsbereitschaft ein. Hören wir beispielsweise eine Hupe, drehen wir uns schnell in Richtung des heranfahrenden Autos und bringen uns mit einem großen Satz zurück in Sicherheit. [3]

Die Sprache der Natur in der Musik

Die meisten Tiere interpretieren abrupte, kurz andauernde, laute Geräusche als Zeichen für Gefahr. So kennen wir viele Vogel- und Affenarten, die sich gegenseitig mit kurzen Lauten warnen. Viele Komponisten verwenden diesen Mechanismus. Zum Beispiel bei Motivationsmusik mit hohem Tempo beziehungsweise hoher bpm (beats per minute). Unser Gehirn interpretiert die schnell aufeinander erfolgenden Schläge als Anzeichen für eine mögliche gefährliche Situation. Dass heißt, dass sich unser Körper auf Leistungsbereitschaft einstellt, um entsprechend zu handeln. Wir sind nun energiegeladen genug, um uns mit voller Power einer Aufgabe zu widmen.

Ein Vogel, Warnrufe

Dementgegen interpretieren wir langsam einsetzende, langanhaltende und ruhigere Töne zumeist als beruhigend oder neutral. Für entspannende Musik wird deshalb ruhige Musik ohne große Dynamik oder Rhythmus genutzt. Sie signalisiert unserem Gehirn, dass alles in Ordnung ist und übertönt störende Geräusche, die uns andernfalls in Alarmbereitschaft versetzen würden. Man könnte in diesem Zusammenhang auch von einer Art natürlicher Stille sprechen, die uns entspannen lässt. Mehr erfährst du in unserem Ratgeber In der Ruhe liegt die Kraft – Erholung und Meditation. Auch viele natürliche Geräusche wie Vogelgezwitscher oder prasselnder Regen haben einen entspannenden Effekt. In der sonamedic App findest du alle diese Effekte in stimmungsvollen Klangreisen für Entspannung und Stressabbau. Lade dir die sonamedic App jetzt kostenlos im App Store oder bei Google Play herunter. [4]

Musik imitiert Emotionen in unserer Stimme

Insbesondere westliche Musik orientiert sich in der Art ihrer Intonation an dem emotionalen Ausdruck der menschlichen Stimme. Sind wir gut gelaunt, geht unsere Stimme rauf und runter und wir sprechen zügig. Sind wir dagegen niedergeschlagen, sprechen wir langsamer und unsere Stimme klingt dunkler. Dabei erkennen wir nicht nur die Stimmung eines anderen Menschen, wir lassen uns auch von ihr anstecken. Dieses Phänomen ist als emotionale Resonanz bekannt.

Hören wir Musik, dann wirkt genau derselbe Effekt. Wir können uns von den Emotionen, die in der Musik transportiert werden, anstecken lassen und unsere Stimmung durch geschickte Songauswahl gezielt beeinflussen. So können wir auch einem Stimmungstief oder sogar einer depressiven Verstimmung entgegensteuern. Aber Achtung: Oftmals suchen wir uns Musik aus, die zu unserer aktuellen Stimmung passt. Hier droht die Gefahr, dass wir unsere negativen Emotionen im falschen Moment verstärken. [5]

Musikinstrumente

Ist unser Musikgeschmack erlernt?

Über Musikgeschmack lässt sich bekanntlich streiten. Auch haben wir oft Probleme, zur Musik fremder Kulturen eine emotionale Verbindung aufzubauen. Aber wie entscheidet sich, welche Musik uns am Ende gefällt und ob wir lieber Klassik, Metal, Hiphop oder Pop hören?

Unsere Fähigkeit, bestimmten Musikstücken zu verstehen und emotional zu erleben, ist zu großen Teilen einstudiert. Schon in unserer frühen Kindheit erlernen wir die Struktur der Musik unserer Gesellschaft, also deren musikalische Grammatik. Ganz ähnlich, wie wir lernen, die Sprache unserer Kultur zu sprechen. [6]

Musik aus Jugendzeiten gefällt uns ein ganzes Leben

Forscher haben herausgefunden, dass sich die individuelle Musikpräferenzen in der Pubertät besonders stark herausbilden. Mädchen entwickeln ihre musikalischen Vorlieben etwa im Alter von 13 Jahren, Jungs im Schnitt ein Jahr später. Einige Songs gefallen uns also deshalb so gut, weil wir sie in einer bestimmten Phase unseres Lebens oft gehört haben.

Jugendliche erleben aufgrund des Umbaus ihres Gehirns in dieser Lebensphase Emotionen besonders intensiv. So wird auch das neuronale Belohnungssystem durch das Glückshormon Dopamin besonders stark aktiviert. Wahrscheinlich bauen wir als Jugendliche deshalb in dieser Zeitspanne eine so starke emotionale Verbindung zu bestimmten Musikrichtungen, Künstlern und einzelnen Songs auf. Noch Jahrzehnte später berührt uns Musik, die wir in dieser Lebensphase angehört haben.

Natürlich können wir auch als Erwachsener noch neue Musikrichtungen für uns entdecken. Gewöhnung ist hierbei ein großer Faktor. Je öfter wir eine bestimmte Art von Musik anhören, desto besser wird sie uns vermutlich gefallen. [7]

Sänger performt einen Hit

Was macht einen Hit zum Hit?

Komponisten und Musiker haben gelernt, geschickt mit den erlernten Erwartungen zu spielen, die unser Gehirn an die Musik stellt. Wie wir bereits gesehen haben, analysieren in unserem Gehirn verschiedene Merkmaldetektoren Informationen aus dem Schallstrom, der an unser Ohr gelangt.

Musik ist organisierter Klang. Unser Gehirn verknüpft die verschiedene Komponenten eines Songs wie Rhythmus, Tonhöhe und Klangfolge zu einem großen Ganzen. Auf Basis der statistischen Berechnungen zur Häufigkeit und Anordnung der Songelemente unseres Gehirns bauen wir Erwartungen auf. Wenn wir besonders häufig eine Musikrichtung erlernen wir die grundlegende Grammatik dieser Musik und beginnen, sie zu mögen. Hören wir ein ähnliches Musikstück, dann trifft unser Gehirn automatisch unaufhörlich Vorhersagen darüber, wie der Song weitergehen könnte. [8]

Wir wollen überrascht werden

Ein gutes Musikstück darf in seiner Komposition aber nicht nur erwartbare Elemente erhalten. Es muss die perfekte Mischung aus Bekanntem und Unvorhergesehenem an der richtigen Stelle enthalten. Konstant baut ein solcher Song Erwartungen auf und manipuliert sie, um uns gezielt an einigen Punkten zu überraschen.  [9]

 

 

 

(1) Daniel Levitin: This is your Brain on Music, 2006, Seite 104.

(2) Stefan Kölsch: Die Macht der Musik, Spektrum der Wissenschaft, Gehirn und Geist, 03/2021.

(3) Daniel Levitin: This is your Brain on Music, 2006, Seite 89.

(4) Daniel Levitin: This is your Brain on Music, 2006, Seite 90.

(5) Stefan Kölsch: Die Macht der Musik, Spektrum der Wissenschaft, Gehirn und Geist, 03/2021.

(6) Daniel Levitin: This is your Brain on Music, 2006, Seite 126.

(7) Stefan Kölsch: Die Macht der Musik, Spektrum der Wissenschaft, Gehirn und Geist, 03/2021.

(8) Daniel Levitin: This is your Brain on Music, 2006, Seite 107.

(9) Daniel Levitin: This is your Brain on Music, 2006, Seite 112.

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