Perfektionismus: Fluch oder Segen?
Kennst du das Gefühl, stundenlang an einer Präsentation zu feilen, weil du einfach nicht zufrieden bist? Oder schiebst du ein Projekt immer wieder auf, weil du befürchtest, die Ergebnisse werden den Erwartungen nicht gerecht? Damit bist du höchstwahrscheinlich nicht allein.
Perfektionismus ist ein weit verbreitetes Phänomen in unserer heutigen Gesellschaft und tritt immer häufiger auf. (1) Was früher im Vorstellungsgespräch als Stärke präsentiert wurde, gilt heute als potenzielle Hürde. (2) Aber ab wann sind wir eigentlich Perfektionisten? Und warum hat das Streben nach Perfektion inzwischen einen so zwiespältigen Ruf erlangt?
Was genau versteht man unter Perfektionismus?
Perfektionisten setzen sich und anderen extrem hohe, oft unrealistische Standards. Der Wunsch, alles makellos zu machen ist ein Markenzeichen des Perfektionismus. Sei es der blitzsaubere Boden oder die bis in die letzte Ecke akkurat zugeschnittenen Hecke. Die Messlatte liegt immer ausgesprochen hoch und zwar für sich selbst aber auch für andere. (3)
Perfektionisten suchen ständig nach Verbesserung. Klar, das Streben nach Exzellenz oder ein gesunder Ehrgeiz kann auch positive Aspekte mit sich bringen. In Berufen, in denen Genauigkeit und Präzision von entscheidender Bedeutung sind, hat er auch seine Vorteile. Ein gesunder Perfektionismus kann dazu führen, dass wir akribisch genau und detailorientiert arbeiten. Er kann uns dazu motivieren, stets unser Bestes zu geben und herausragende Ergebnisse zu erzielen.
Burn-Out und Erschöpfungsdepression als Folge des Dauerstresses
Ein übermäßiges und unkontrolliertes Streben nach Perfektion führt jedoch oft zu dauerhaftem Stress. Egal was wir tun, es scheint nie gut genug zu sein. Dieses Gefühl der ständigen Unzufriedenheit und Selbstkritik kann unser Wohlbefinden und unsere Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Langfristig kann der Dauerstress zu einem Burnout oder einer Erschöpfungsdepression führen. Darüber hinaus können auch Angsterkrankungen auftreten. (3)
Welche Ursachen hat Perfektionismus?
Eine häufige Ursache für Perfektionismus findet sich in unserer Kindheit
Die Antwort auf die Frage “Welche Ursachen hat Perfektionismus?” ist vielschichtig. Einige der Ursachen könnten in der Erziehung liegen, in der hohe Ansprüche und Erwartungen an uns selbst gestellt wurden, um Anerkennung und Liebe von den Eltern oder anderen Bezugspersonen zu erhalten.
Erfahrungen wie Vernachlässigung in der Kindheit können ebenfalls zu einem ausgeprägten Perfektionismus führen. Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen, setzen keinerlei Erwartungen an ihre Kinder. Um diesen Missstand auszugleichen, setzen sich diese Kinder im weiteren Verlauf ihres Lebens selbst zu hohe Anforderungen und behalten diese bei. Gleichzeitig kann auch eine Überfürsorglichkeit der Eltern, oder das Nachahmen des perfektionistischen Verhaltens unserer Bezugspersonen zu Perfektionismus führen. Es gibt also eine ganze Bandbreite von möglichen Ursachen. (3) (4) (5)
Unsere leistungsorientierte Gesellschaft erwartet Perfektion
Unsere leistungsorientierte Gesellschaft legt zudem oft hohe Standards fest, denen wir gerecht werden wollen. Persönlichkeitsmerkmale, wie zum Beispiel eine hohe Gewissenhaftigkeit, können außerdem dazu führen, dass Menschen besonders anfällig für Perfektionismus sind.
Warum Perfektionismus das Gegenteil von Freiheit und Lernen ist
Perfektionismus kann ein Hindernis für Freiheit und Lernen sein. Das ständige Streben nach Perfektion lässt wenig Raum für Fehler. Dies kann bedeuten, dass wir übermäßig viel Zeit und Energie in eine Aufgabe investieren. Wir können aber auch bestimmte Aufgaben vermeiden, aus Angst, Fehler zu machen. Aber Fehler sind notwendig für das Lernen und die persönliche Entwicklung. Wie soll ein Kind laufen lernen, ohne zu stolpern? Ohne Fehler gibt es keine Fortschritte und wir verlieren einen Teil unserer Menschlichkeit.
Stress reduzieren: Umgang mit Perfektionismus
“Wie kann man Stress reduzieren?” ist eine oft gestellte Frage von Menschen, die mit Perfektionismus zu kämpfen haben. Hier sind einige Tipps, wie man mit dem Druck des Perfektionismus umgehen und ein gesünderes Gleichgewicht im Leben finden kann:
Setze realistische Ziele
Es ist wichtig, realistische und erreichbare Ziele zu setzen. Erwarte nicht, dass du in einem Monat fließend Spanisch sprechen kannst. Stattdessen setze dir als Ziel, grundlegende Konversationen in diesem Zeitraum zu führen. Durch das Setzen erreichbarer Ziele kannst du unnötigen Stress abbauen und dein Selbstvertrauen steigern.
Setze Prioritäten
Versuche dich auf die wirklich wichtigen Aufgaben zu konzentrieren. Es ist nicht notwendig, jede Aufgabe perfekt zu erfüllen. Wenn du dich auf das Wesentliche konzentrierst und akzeptierst, dass “gut genug” oft ausreicht, kannst du Stress reduzieren und mehr Zufriedenheit in deinem Alltag finden.
Die 80%-Regel: Die Kunst, “gut genug” zu sein
Die 80%-Regel ist ein gutes Werkzeug, um Perfektionismus in Schach zu halten. Die Idee ist, dass es oft ausreicht, wenn etwas zu 80% gut ist, statt zu 100%. Diese Regel kann uns dabei helfen, unsere Energie und Zeit effektiver einzusetzen, indem wir uns auf das Wesentliche konzentrieren und die Dinge, die weniger wichtig sind, loslassen. (6)
Akzeptiere und lerne aus Fehlern
Fehler sind Teil des Lebens und des Lernprozesses. Wenn du während einer Präsentation stolperst oder einen Fehler machst, sieh es als Chance zur Verbesserung und nicht als persönliches Scheitern. Akzeptiere, dass Fehler passieren und dass sie dir dabei helfen können, zu wachsen.
Anstatt uns selbst für Fehler zu kritisieren, können wir sie als Lerngelegenheiten nutzen und uns selbst dafür loben, dass wir bereit sind, Risiken einzugehen und Neues zu lernen.
Sei dir selbst ein guter Freund
Sei freundlich und verständnisvoll dir selbst gegenüber, besonders wenn etwas nicht so gut läuft wie geplant. Behandle dich selbst so, wie du einen Freund behandeln würdest, der in einer ähnlichen Situation ist. Wie dir das am besten gelingt, lernst du in unserem Artikel zum Thema “Selbstmitgefühl – Sei dir selbst ein guter Freund”
Sehe deinen eigenen Wert
Eine gesunde Portion Selbstliebe kann dich gegen Anflüge von übermäßigem Perfektionismus wappnen. Steh dir selbst positiv gegenüber. Indem du und deinen eigenen Wert siehst, kannst du weniger Druck verspüren, immer perfekt sein zu müssen. Sicherlich ist das nicht immer einfach. Dennoch ist es wichtig uns daran zu erinnern, dass wir wertvoll und liebenswer sind, unabänhängig von unseren Leistungen.
Erlerne Entspannungstechniken
Techniken wie Yoga, progressive Muskelentspannung oder Meditation können dir dabei helfen, Stress zu reduzieren und zu entspannen. (7) (8) (9) Finde eine Methode, die zu dir passt und versuche, sie in deinen Alltag zu integrieren. So senkst du deinen Stresspegel und fühlst dich langfristig besser.
Verschiebe den Fokus
Anstatt dich auf das Endergebnis oder die Vermeidung von Fehlern zu konzentrieren, konzentriere dich auf den Prozess und den Fortschritt, den du machst. Feiere auch kleine Erfolge und schätze den Weg, den du gehst, um deine Ziele zu erreichen.
Suche Hilfe, wenn nötig
Wenn der Perfektionismus dein Leben stark beeinträchtigt und du dich ständig gestresst und überfordert fühlst, könnte es hilfreich sein, professionelle Hilfe zu suchen. Therapie oder Coaching können dir dabei helfen, den Druck des Perfektionismus zu bewältigen und gesündere Denk- und Verhaltensweisen zu entwickeln.
Ausstieg aus dem Perfektionismus: Der Beginn von Freiheit und Zufriedenheit
Stell dir ein Leben vor, in dem du deine eigenen Erfolge feierst, ohne dich ständig mit anderen zu vergleichen. In dem du dich selbst liebst, unabhängig von deinen Fehlern und Unzulänglichkeiten. Und in dem du dich auf das Wesentliche konzentrierst und “gut genug” völlig ausreichend ist. Durch die Überwindung des Perfektionismus können wir nicht nur ein stressfreieres Leben führen, sondern auch unser Selbstwertgefühl und unsere Zufriedenheit steigern. Durch die Arbeit an uns selbst und die Anerkennung unserer Unvollkommenheiten können wir uns selbst besser lieben. Beste Voraussetzungen für ein zufriedeneres und ausgeglicheneres Leben.
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