Videocalls mit Freunden in Zeiten von sozialer Distanz

Soziale Distanz – Digitale Nähe während Corona

Bedeutet Social Distancing, dass du deine Sozialkontakte verlierst? Musst du menschliche Nähe gegen völlige Isolation tauschen? Im Gegenteil, in Zeiten der Krise rücken wir alle näher zusammen – und in Wahrheit waren wir uns schon vor Corona näher, als wir ahnen konnten.

In diesem Artikel erfährst du, wie unsere Gesellschaft und körperliche Anwesenheit zusammenhängen, warum Social Distance schon seit Jahrhunderten praktiziert wird und wie du in Zeiten der Coronakrise achtsam sein und Einsamkeit bekämpfen kannst.

Social Distance – Distanz aus Verantwortung

Seit der Coronapandemie ist sie in aller Munde: Die Social Distance, also eine Distanz zu den Mitmenschen. Damit ist vor allem eine räumliche Distanz gemeint, weswegen man auch von Physical Distance spricht. Nicht nur zu anderen Menschen soll Abstand gehalten werden, auch Gegenstände, die andere berührt haben, und öffentliche Einrichtungen, an denen viele Menschen zusammenkommen, werden so gut es geht gemieden. Dadurch soll sich die Verbreitung von Infektionskrankheiten wie COVID-19 verringern. Das Ziel: Die Infektionskurve abzuflachen und schließlich abfallen zu lassen. Damit soll gewährleistet werden, dass das Gesundheitssystem nicht überlastet wird und schwere Fälle bestmöglich versorgt werden können.

Durch Social Distancing übernehmen wir Verantwortung,

Keine moderne Erfindung: Infektionskontrolle seit dem Mittelalter

Krankheiten durch räumliche Isolation einzudämmen ist keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Bereits im Mittelalter betrieben Menschen Social Distancing, um etwa Pest- oder Lepraansteckungen zu vermeiden. Auch in der Zeit der Spanischen Grippe (1918-1920) sowie während der Asiatischen Grippepandemie (1957-1958) wurden ähnlich der heutigen Maßnahmen Schulschließungen durchgeführt, um die Ansteckungskurve unter Kontrolle zu bringen. [1]

Dabei geht es oft nicht einmal um völlige Isolation – bereits zwei Meter Abstand zu anderen sowie das Einhalten der Husten- und Niesetikette können viel bewirken. [2]

Näheverlust: Ist räumliche Distanz gleich soziale Distanz?

An sich ist der Begriff Social Distance etwas irreführend, denn es geht genau um das Gegenteil: Um soziales, verantwortungsvolles Verhalten durch räumliche Distanz – nicht um die soziale Isolierung des Einzelnen.

Schon lange wissen wir, dass enge persönliche Beziehungen nicht daran geknüpft sind, sich körperlich am selben Ort aufzuhalten. Briefe, Telefon, E-Mails und soziale Medien sorgen dafür, dass wir unsere Kontakte ortsunabhängig aufbauen und pflegen können. Unsere physische Anwesenheit ist nicht erforderlich, um erfüllende Bindungen zu anderen zu unterhalten. Eigentlich müsste man also eher von Distant Socializing sprechen. [3]

Räumliche Distanz muss nicht soziale Distanz bedeuten.

Einsamkeit bekämpfen – Soziale Teilhabe auf Distanz

Dass wir unser Sozialleben im digitalen Zeitalter vorrangig im Kontext körperlicher Anwesenheit sehen, ist eigentlich erstaunlich. Seit es Briefe und Zeitungen gibt, kann das Leben weit entfernter Personen unmittelbaren Einfluss auf uns nehmen. Spätestens aber seit dem Siegeszug der sozialen Medien sind wir ständig vernetzt. Andere Menschen sind dadurch sozusagen unsere Dauergäste – und ein Rückzug aus dieser allzeit präsenten Gesellschaft setzt plötzlich eine bewusste Entscheidung voraus, etwa den Rechner auszuschalten und App-Benachrichtigungen stummzustellen. Die Krise hält uns deutlich vor Augen, dass wir längst in einer medienbasierten Sozialgesellschaft angekommen sind – wer beispielsweise nicht dauerhaft Updates zu den neuesten Coronaentwicklungen erhalten möchte, muss sich aktiv aus der digitalen Welt zurückziehen und diese Infos etwa zu festen Zeiten aufnehmen. [4]

Alte Kontakte leben auf: Eine neue Achtsamkeit im Miteinander

Hast auch du einen Freund, an den du immer wieder denkst und bei dem du dich doch nie meldest? Das Positive an der aktuellen Situation ist: Sie schweißt zusammen. Jetzt ist die Gelegenheit, verblasste Bekanntschaften aufleben zu lassen. Die Schulfreundin aus alten Zeiten; der unerwartete Freund, den du auf einer Reise kennengelernt hast; die entfernte Cousine, von der du seit dem letzten Familientreffen nichts mehr gehört hast – sie alle sitzen ganz ähnlich wie du in den eigenen vier Wänden und freuen sich sicher riesig, wenn sie von dir hören. Wir alle betreiben Social Distance und wir alle brauchen Nähe. Das macht die Coronakrise zum perfekten Neustart für alte Beziehungen.

Die Reduzierung von Kontakten führt nämlich dazu, dass wir das Miteinander besser schätzen lernen und achtsam damit umgehen – wie immer, wenn etwas Selbstverständliches plötzlich wegfällt oder in neue Bahnen gelenkt wird. Nutze diesen Impuls und suche die digitale Verbindung zu anderen. So kannst du nicht nur deine eigene eventuelle Einsamkeit bekämpfen, sondern auch die deiner Freunde und Familie.

Interessen, die allein die Verbindung mit dir selbst erfordern, kannst du natürlich ebenfalls pflegen – und natürlich auch darüber in Austausch treten. Wenn du beispielsweise regelmäßig meditierst, kannst du dich in entsprechenden Foren oder Facebookgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen und deine Erfahrungen teilen.In Foren findest du Menschen, die deine Interessen teilen.

In Verbindung bleiben: Digitale Kommunikation

Diverse neue Medien machen uns den Umstieg auf weitgehende „Fernbeziehungen“ leichter als jemals zuvor: Wichtige Ereignisse werden gestreamt. Podcasts, Videos und Blogartikel sorgen für Wissensaustausch. Videokonferenzen geben der blechernen Telefonstimmen unserer Lieben ein vertrautes Gesicht. Dennoch fühlt sich das alles nicht gerade erwärmend an. Die neuen, meist internetgestützten Routinen fühlen sich an wie eine „Not-Ordnung“ des Alltags. [5]

Geplante Skypesitzungen fühlen sich formal an, es fehlt die Beiläufigkeit des ungeplanten Gesprächs in der Pause oder am Kaffeeautomaten, die zufällige Begegnung mit Bekannten in der Stadt. Aber es gibt dafür eine Entwicklung, mit der so wohl kaum jemand gerechnet hat – Wir nehmen immer öfter Kontakt zu alten Freunden auf.

Klar ist: Wir brauchen den direkten Kontakt und das Miteinander. Die räumliche Nähe ist wie eine Sauerstoffzufuhr, ohne die auch Fernbeziehungen nicht atmen und gedeihen können. Aber sicher ist auch: Wir können unseren Alltag vorübergehend in die Distanz verlagern, ohne uns aus den Augen zu verlieren. [3]

Halte Kontakt zu den Menschen, die dir wichtig sind.

Achtsam in der Krise – unabhängig von Social Distancing

Wichtig ist, entspannt und gelassen zu bleiben. Du selbst bestimmst, was du aus der Situation machst. Wenn Achtsamkeit bereits zu deiner persönlichen Einstellung gehört, dann bleibe jetzt erst recht dabei. Je intelligenter und ruhiger du mit der Situation umgehst, desto freier wirst du dich auch in dieser schweren Zeit fühlen.

Nicht zuletzt ist die Coronakrise auch eine Chance auf Veränderung. Verkrustete Strukturen weichen auf, altbekannte Routinen verlieren ihre Gültigkeit. Durch einen freieren Terminkalender kannst du leichter auf deine innere Stimme hören, denn so manche Erkenntnis kann nur reifen, wenn der Autopilot des Alltags dich nicht 24 Stunden lang in Atem hält. Deswegen gilt: Achte auf dich und tu dir etwas Gutes.

Du weißt nicht, wie du achtsam und harmonisch mit der aktuellen Lage umgehen kannst? Dann lies hier weiter und erfahre, wie du Ordnung in dein alltägliches Coronachaos bringen kannst.

 

 

(1) Gabler Wirtschaftslexikon: Social Distancing. Letzter Zugriff: 12.11.2020.  Online

(2) Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Infektionsschutz.de. Hygiene beim Husten und Niesen. Letzter Zugriff: 12.11.2020. Online 

(3) Mau, Steffen: Social Distancing ist irreführend, es gibt einen passenderen Begriff. In: Der Tagesspiegel, 01.04.2020. Letzter Zugriff: 12.11.2020. Online 

(4) Dickel, Sascha: Gesellschaft funktioniert auch ohne anwesende Körper. Die Krise der Interaktion und die Routinen mediatisierter Sozialität; S. 80, 84. In: Michael Volkmer, Karin Werner (Hg.) Die Corona-Gesellschaft. Analysen zur Lage und Perspektiven für die Zukunft

(5) Knoblauch, Hubert; Löw, Martina: Dichotopie. Die Refiguration von Räumen in Zeiten der Pandemie. Letzter Zugriff: 12.11.2020. Online

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